Multinomialkoeffizient

Der Multinomialkoeffizient oder auch Polynomialkoeffizient ist eine Verallgemeinerung des Binomialkoeffizienten. Für nichtnegative ganze Zahlen k 1 , , k r {\displaystyle k_{1},\dotsc ,k_{r}} und n := k 1 + + k r {\displaystyle n:=k_{1}+\dotsb +k_{r}} ist er definiert als

( n k 1 , , k r ) := n ! k 1 ! k r ! . {\displaystyle {n \choose k_{1},\dotsc ,k_{r}}:={\frac {n!}{k_{1}!\dotsm k_{r}!}}.} [1]


Dabei ist n ! = n ( n 1 ) 2 1 {\displaystyle n!=n\cdot (n-1)\dots 2\cdot 1} die Fakultät von n {\displaystyle n} bzw. analog k i ! {\displaystyle k_{i}!} die Fakultät von k i {\displaystyle k_{i}} .

Für r = 2 {\displaystyle r=2} und k := k 1 {\displaystyle k:=k_{1}} muss k 2 = n k {\displaystyle k_{2}=n-k} sein und man erhält als Spezialfall den Binomialkoeffizienten ( n k ) = ( n k 1 , k 2 ) = n ! k ! ( n k ) ! {\displaystyle {n \choose k}={n \choose k_{1},k_{2}}={\frac {n!}{k!(n-k)!}}} .

Eigenschaften

Multinomialkoeffizienten sind stets ganzzahlig.

Sie lassen sich aus verschiedene Arten darstellen, zum Beispiel auch mithilfe von Binomialkoeffizienten als

( k 1 + + k r k 1 , , k r ) = ( k 1 k 1 ) ( k 1 + k 2 k 2 ) ( k 1 + k 2 + + k r k r ) = i = 1 r ( s = 1 i k s k i ) {\displaystyle {k_{1}+\cdots +k_{r} \choose k_{1},\ldots ,k_{r}}={k_{1} \choose k_{1}}{k_{1}+k_{2} \choose k_{2}}\cdots {k_{1}+k_{2}+\cdots +k_{r} \choose k_{r}}=\prod _{i=1}^{r}{\sum _{s=1}^{i}k_{s} \choose k_{i}}} .

Anwendungen und Interpretationen

Multinomialsatz

Multinomialkoeffizienen treten auf, wenn man ein Multinom, also eine Summe mit mehr als zwei Summanden potenziert. In Verallgemeinerung des binomischen Satzes gilt nämlich nach dem Multinomialtheorem (auch Polynomialsatz)

( x 1 + + x r ) n = k 1 + + k r = n ( n k 1 , , k r ) x 1 k 1 x r k r {\displaystyle (x_{1}+\dotsb +x_{r})^{n}=\sum _{k_{1}+\dotsb +k_{r}=n}{n \choose k_{1},\dotsc ,k_{r}}\cdot x_{1}^{k_{1}}\dotsm x_{r}^{k_{r}}} .

Hieraus folgt sofort:

r N : r n = k 1 + + k r = n ( n k 1 , , k r ) 1 k 1 1 k r = k 1 + + k r = n ( n k 1 , , k r ) . {\displaystyle \forall r\in \mathbb {N} :r^{n}=\sum _{k_{1}+\dotsb +k_{r}=n}{n \choose k_{1},\dotsc ,k_{r}}\cdot 1^{k_{1}}\dotsm 1^{k_{r}}=\sum _{k_{1}+\dotsb +k_{r}=n}{n \choose k_{1},\dotsc ,k_{r}}.}

Multinomialverteilung

Anwendung finden jene Koeffizienten auch in der Multinomialverteilung

P ( X 1 = k 1 , X 2 = k 2 , , X r = k r ) = ( n k 1 , , k r ) p 1 k 1 p 2 k 2 p r k r {\displaystyle P(X_{1}=k_{1},X_{2}=k_{2},\dotsc ,X_{r}=k_{r})\;=\;{n \choose k_{1},\dotsc ,k_{r}}\cdot p_{1}^{k_{1}}\cdot p_{2}^{k_{2}}\dotsm p_{r}^{k_{r}}} ,

einer Wahrscheinlichkeitsverteilung diskreter Zufallsvariablen.

Kombinatorische Deutungen

Objekte in Kisten

Der Multinomialkoeffizient ( n k 1 , , k r ) {\displaystyle {\tbinom {n}{k_{1},\dotsc ,k_{r}}}} gibt die Anzahl der Möglichkeiten an, n {\displaystyle n} (unterscheidbare) Objekte in r {\displaystyle r} Schachteln zu legen, wobei in die erste Schachtel genau k 1 {\displaystyle k_{1}} Objekte sollen, in die zweite Schachtel k 2 {\displaystyle k_{2}} Objekte usw.

Beispiel

Wie viele verschiedene Möglichkeiten gibt es, von den 32 Karten eines Skatspiels je 10 Karten den 3 Spielern sowie 2 Karten in den "Skat" zu geben, wenn die Reihenfolge der Karten nicht beachtet wird?

Da es sich um n = 32 {\displaystyle n=32} Objekte handelt, die in r = 4 {\displaystyle r=4} Schachteln aufzuteilen sind, wobei in die ersten drei Schachteln je k 1 = k 2 = k 3 = 10 {\displaystyle k_{1}=k_{2}=k_{3}=10} Objekte und in die vierte Schachtel k 4 = 2 {\displaystyle k_{4}=2} Objekte sollen, ist die Anzahl der Möglichkeiten durch folgenden Multinomialkoeffizienten gegeben:

( 32 10 , 10 , 10 , 2 ) = 32 ! 10 ! 10 ! 10 ! 2 ! = 2.753.294.408.504.640 {\displaystyle {32 \choose 10,\,10,\,10,\,2}={\frac {32!}{10!\cdot 10!\cdot 10!\cdot 2!}}=2.753.294.408.504.640}

Anordnung von Dingen

Der Multinomialkoeffizient ( n k 1 , , k r ) {\displaystyle {\tbinom {n}{k_{1},\dotsc ,k_{r}}}} gibt außerdem die Anzahl der verschiedenen Anordnungen von n {\displaystyle n} Objekten an, von denen k 1 , k 2 , , k r {\displaystyle k_{1},k_{2},\ldots ,k_{r}} gleich sind.[2]

Beispiel

Wie viele verschiedene „Wörter“ lassen sich aus den Buchstaben MISSISSIPPI bilden?

Gesucht ist also die Anzahl der Möglichkeiten, elf Buchstaben ( n = 11 {\displaystyle n=11} ) anzuordnen, wobei das "M" einmal ( k 1 = 1 {\displaystyle k_{1}=1} ), das "I" sowie das "S" jeweils viermal ( k 2 = k 3 = 4 {\displaystyle k_{2}=k_{3}=4} ) und das "P" zweimal ( k 4 = 2 {\displaystyle k_{4}=2} ) vorkommt. Diese Anzahl beträgt

( 11 1 , 4 , 4 , 2 ) = 11 ! 1 ! 4 ! 4 ! 2 ! = 34.650. {\displaystyle {\binom {11}{1,4,4,2}}={\frac {11!}{1!\cdot 4!\cdot 4!\cdot 2!}}=34.650.}

Zum Vergleich: Die Anzahl der Möglichkeiten, elf paarweise verschiedene Objekte anzuordnen, ist mit 11! = 39.916.800 wesentlich höher.

Pascalsche Simplizes

Analog zum pascalschen Dreieck der Binomialkoeffizienten lassen sich auch die r {\displaystyle r} -ten Multinomialkoeffizienten als geometrische Figuren (Simplizes) anordnen: Die Trinomialkoeffizienten führen zur pascalschen Pyramide, die weiteren zu r {\displaystyle r} -dimensionalen pascalschen Simplizes.

  • Eric W. Weisstein: Multinominal Coefficient. In: MathWorld (englisch).
  • Norbert Henze: Multinomialkoeffizient und multinomialer Lehrsatz In: KIT-Bibliothek Medienportal

Einzelnachweise

  1. Tilo Arens et al.: Mathematik. 5. Auflage. Springer, Berlin 2022, ISBN 978-3-662-64388-4, S. 93. 
  2. Karl Mosler, Friedrich Schmid: Wahrscheinlichkeitsrechnung und schließende Statistik. 2. Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg 2006, ISBN 978-3-540-27787-3, S. 19.